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Keller
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1981. Katharin plant ein Numerus-Clausus-Abitur. Ob ihre Schule die richtige ist?
In der Schule ging Katharin meistens durch den Keller; dort war es leer und ruhig. Der Betonbau hatte zwei unterirdische Stockwerke, Tiefgeschoß 1 und Tiefgeschoß 2. In Tiefgeschoß 2 befand sich der Eingang zur Turnhalle. Durch eine Glaswand sah Katharin, daß dort drinnen kein Licht eingeschaltet war und grauschwarze Dunkelheit herrschte. Der Boden glänzte im Schein der Notbeleuchtung.
Katharin fand die stählerne Tür unverschlossen und ging langsam durch die Halle. Sie suchte nach einer Erinnerung, konnte sie aber nicht greifen. In der weiten, schattigen Halle schien etwas verborgen zu sein, etwas Unsichtbares, das nur flüchtig an ihr vorbeistreifte.
Hinten beim Eingang hörte man das Rücken eines Schultisches, ein scharrendes Geräusch. Katharin sah, wie Herr Dobrock den Tisch quer zur Flügeltür stellte, als sollte dort für eine Veranstaltung kassiert werden. Herr Dobrock war Katharins Klassenlehrer. Ihr fiel auf, daß er den linken Arm in einer Schlinge trug.
Katharin hatte es nun eilig, aus der Halle zu kommen. Herr Dobrock lehnte sich an den geöffneten Türflügel.
"Entschuldigen Sie, könnten Sie mich bitte vorbeilassen?" fragte Katharin.
"Wieso wollen Sie denn hier 'raus?" fragte Herr Dobrock. "Hier ist es doch schön, nicht?"
"Es reicht mir", sagte Katharin.
"Mir reicht's auch", entgegnete Herr Dobrock.
"So kommen wir doch wohl nicht weiter", meinte Katharin.
"Nein, so kommen wir nicht weiter", bestätigte Herr Dobrock.
Er begann zu lächeln und schließlich zu lachen. Katharin schlug mit einer solchen Wucht auf seinen Arm, daß er aus der Schlinge fiel und kraftlos hin- und herbaumelte.
"Tja", sagte Herr Dobrock, immer noch lächelnd. "Der Arm ist hin."
Durch Katharins Schlag war zwischen dem Körper und dem Türrahmen ein Spalt entstanden, breit genug, um auf den Gang zu schlüpfen. Herr Dobrock stand bewegungslos da wie ein Garderobenständer. Als Katharin auf die Tür zum Treppenhaus zuging, sah sie sich nicht um.
Zitternd blieb Katharin auf einem Treppenabsatz im Dachgeschoß stehen, vor einem Heizraum. Sie fand keine Tränen.
"Alles lastet auf mir", ging ihr durch den Sinn, "was mir getan worden ist und was ich getan habe. Dem Dobrock scheint alles egal zu sein. Ist er ein Irrer? Vielleicht ist er gar kein Mensch, sondern ein Roboter? In unserer Schule unterrichten Alkoholiker, Pädophile, Rassisten, Psychopathen ... Hat der Direktor einen Hang zu solchen Leuten?"
Den Direktor kannte sie kaum. Er trug einen braunen Anzug und leitete eine Schule, die erst vor wenigen Jahren gebaut wurde und deren Betonwände bereits vor sich hinmoderten. Katharin hatte manchmal das Gefühl, lebendig begraben zu sein.
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