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Rezension zu "Sonar Killer" bei www.livingdead.de (2004):
"Missratener Sohn" existiert seit 1993 und war ursprünglich ein One-Man-Projekt. 2001 kam Lebens- und Musik-Partnerin Lichtwind hinzu. Harte Beats, Noise-Attacken und einfache Melodien schaffen eine bedrohliche, düstere Atmosphäre. Die Texte sind oft voller Hoffnungslosigkeit, Wut, Trauer und Tod. Mit "Sonar Killer" liegt nun, 11 Jahre nach Gründung, das dritte offizielle Album vor. Im Gegensatz zu den Vorgängern "Krankheit Zukunft" und "I'm your god" wirkt "Sonar Killer" wesentlich ausgereifter und kann durch die einzelnen Überleitungssongs als absolutes Konzeptalbum gewertet werden. Songs wie "Plug and Play", "Hard Work" und "Destroy Commando" werden sicher auch ausserhalb der Republik die Tanzflächen zum Beben bringen.
Interview mit MISSRATENER SOHN von tom (2004-10-26):
Die Musik von "Missratener Sohn" ist seit Jahren Bestandteil jeder Playlist unserer Stahlklang-Party in Hamburg. Bereits zweimal konnten wir Mastermind Dennis für einen Live-Auftritt auf unseren Stahlklang-Festivals engagieren.
Nun ist mit "Sonar Killer" das dritte offizielle Album bei KAFUE-Systeme erschienen. Grund genug für uns, Dennis mal ein bisschen über sich und seine Musik auszufragen:
[LD = Living Dead]
LD: Dennis, Missratener Sohn ist ja nun kein 1-Mann-Projekt mehr, sondern wurde durch Deine Lebenspartnerin "Lichtwind" ergänzt. Wie kam es zu dieser Entscheidung, und welche Aufgaben übernimmt sie innerhalb des Projektes?
Dennis: Wie es dazu kam? Sie war halt 1993, also zur Gründungszeit von "Missratener Sohn" (damals noch "Down Syndrom"), schon meine Freundin und ist jetzt meine Frau. Außerdem wollte ich eine Partnerin haben, die Industrialmusik so liebt wie ich. Dadurch, dass wir zusammen leben, ist die Zusammenarbeit natürlich auch einfacher. Sie programmiert Sounds und gestaltet CD-Cover. "Missratener Sohn" wird demnächst auch eine weibliche Stimme haben.
LD: Mit "Sonar Killer" liegt uns jetzt das dritte offizielle und offensichtlich ausgereifteste Album vor. Was hat Dich bzw. Euch dazu bewogen, ein solches Konzeptalbum umzusetzen? Oder sind die einzelnen Überleitungssongs nur Fragmente, aus denen sich keine Fulltimesongs machen liessen ?
Dennis: Die Überleitungssongs unterstützen ein inhaltliches und musikalisches Gesamtkonzept. Sie setzen dabei eigene musikalische Akzente. Theoretisch könnte man aus ihnen auch Fulltimesongs machen, die dann z. T. für "Missratener Sohn" eher untypisch wären. Wir fanden es interessant, die Themen bzw. Stimmungen der Übergänge nur anzureissen.
LD: Elf Jahre Bandgeschichte und "erst" das dritte Album, so könnte man denken. Seit Du unsere Stahlklang-Partys besuchst, hast Du immer eine CDR mit neuen Songs im Gepäck. Ich denke, ich habe von keiner Band mehr Promo-CDs als von Missratener Sohn. Wie erklärst Du Dir zum einen Dein enormes musikalisches Output und zum anderen die Tatsache, dass es heutzutage unheimlich schwierig geworden zu sein scheint, für guten Industrial ein leistungsstarkes Label zu finden?
Dennis: Was die elf Jahre angeht: es kam halt vieles dazwischen; arbeitslos, Geräte verkaufen, und so weiter. Eigentlich dachte ich, dass Ihr ständig neue Musik von Bands bekommen würdet, d. h. dass wir kein Einzelfall wären. Mit dem Output ist das so eine Sache. Die Songs liegen meistens schon ein Jahr auf dem Rechner oder auf CDR, bevor sie veröffentlicht werden. KAFUE-Systeme ist nur ein kleines Label mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten. Daher können wir nicht dauernd CDs rausbringen.
LD: Du könntest locker mit all Deinen Songs ein "Best of" Album füllen. Wäre dies für Dich z. B. eine Option, auch Deine unveröffentlichten Songs einer breiteren Masse zugänglich zu machen, oder interessiert Dich Dein Schnee von gestern sowieso nicht mehr?
Dennis: Ein "Best of"-Album wäre cool. Wenn ich nicht manchmal einen Wutanfall bekommen und alle Songs zerstören würde. Zum Glück hebt "Lichtwind" alles auf. Ausserdem wäre es seltsam für den Hörer, der gerade erst das "Sonar Killer"-Album gekauft hat, schon ein "Best of" zu hören, da er die Hintergründe ja gar nicht kennt. "Missratener Sohn" ist nicht so bekannt.
LD: Würden Dich weitere Liveauftritte - z. B. auf Festivals - reizen? So weit mir bekannt ist, gab es in elf Jahren Bandgeschichte nur die beiden Auftritte auf den Stahlklang-Festivals in Hamburg. Hast Du jemals an eine Tour gedacht, oder mangelt es einfach am Management?
Dennis: Liveauftritte wären cool, aber wir müssen in der Woche auch arbeiten (bzw. ich gehe arbeiten und "Lichtwind" versorgt unsere kleine Tochter), weil wir an der Musik logischerweise nichts verdienen. Dennoch haben wir nichts gegen Touren. KAFUE-Systeme kümmert sich nicht so sehr um Promotion. Daher sind wir auf Anfragen der Veranstalter angewiesen.
LD: Bei Missratener Sohn gibt es außer Voice-Samples nur ganz selten Texte, und die sind dann bis ins Unkenntliche verzerrt. Lediglich die Fußnoten in den Booklets teilen uns mit, dass Eure Songs nicht von Friede, Freude, Eierkuchen handeln. Worum geht es in Euren Songs bzw. was wollt Ihr mit Missratener Sohn ausdrücken? Spielen die Texte überhaupt eine wichtige Rolle, oder meint Ihr, die Musik spricht sowieso für sich?
Dennis: Sehr wohl spielen Texte eine wichtige Rolle bei "Missratener Sohn", allerdings nicht in dem Umfang von so manchen anderen Bands. Die Voices sind stark gefiltert und verzerrt. Teilweise sagen sie viel aus über meine Gedanken (bislang sind alle Texte von mir), aber sie werden dann weitgehend unkenntlich gemacht, damit man meine Gedanken nicht so genau mitbekommt. Es reicht dann, dass ein ungefähres Gefühl rüberkommt. Außerdem verstehe ich von anderen Bands die Texte oft auch nicht.
LD: Wie entstehen Eure Songs? Vertont Ihr Texte bzw. Ideen, die Euch bewegen, oder bewegt Euch die Musik, Texte bzw. Voice-Samples zuzufügen?
Dennis: Die Songs entstehen meistens durch ein Drum-Loop oder einen Flächen-Sound als Ausgangsbasis. Die Voice-Samples dienen der Unterstützung des Tracks. Dabei achten wir sehr darauf, dass die Voice-Samples den Track auch nach vorne bringen und nicht nur belangloses Beiwerk sind. Texte, wenn sie passen sollten, kommen grundsätzlich am Schluss dazu und werden auch erst dann geschrieben.
LD: Ich weiß, es ist mühselig, nach Vorbildern und Einflüssen bei Künstlern zu fragen. Mich würde aber trotzdem interessieren, wo Deine eigenen musikalischen Vorlieben bzw. Wurzeln liegen. Einige Mailorder ziehen Parallelen zu Klinik und Dive. Siehst Du das ähnlich bzw. ehrt Dich das sogar?
Dennis: Vorbilder? Gute Frage. Von Dive und Klinik höre ich nur die härteren Sachen bzw. Stücke aus der Anfangsphase, da sie rauh und roh klingen. Die Wurzeln liegen im elektronischen Bereich. Allerdings haben wir, wenn man mal davon ausgeht, was wir so hören, eine ziemlich große Bandbreite (von Ladytron bis zu Converter). Ob uns der Vergleich zu Klinik und Dive ehrt? Ja, allerdings stellen Vergleiche nur die ungefähre Richtung einer Musik dar, nicht aber die Musik selbst.
LD: Wie sieht die Zukunft von Missratener Sohn aus? Gibt es musikalische Pläne, Ziele, Wünsche, Träume?
Dennis: Zukunft? Auch gute Frage! Pläne: Sind auf jeden Fall, weiter hart an "Missratener Sohn" zu arbeiten. "Lichtwind" möchte ein Musikvideo gestalten. Ziele: Ein langes Leben. Wünsche: Mehr Auftritte, um dadurch auch mehr Bands und deren technische Herangehensweise kennenzulernen. Träume: Bekannter werden, aber dabei trotzdem seine musikalischen Freiheiten behalten dürfen.
Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Missratener Sohn alles Gute für die Zukunft.
CD des Monats @ DJ Tom 10/2004
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